Parkplatz

21. Oktober 2012

Wie rothäutige Indianer auf der Lauer, schleichen schwarze Autos, leise um viele Kurven und verschwinden plötzlich lückenlos in einem Ruheplatz. Autos müssen fahren, dafür sind sie eigentlich da? Ihr Rastplatz ist der Parkplatz. Der Schlaf der Autos, kontaktlos ohne Aufprall, leise ohne Hupkonzerte, blicklos ohne Licht und fast namenlos zum Nebenmann.

Der Traum des Autos, denkt ausnahmslos ans Überholen. Wozu der Schlaf? Tempo heißt ihr Dasein und Typenkräfte rasen im Vergleich, sich einen runter. Im Gegensatz zur Fahrbahn, möglichst flach geteert, passiv angelegt und vernetzt, unendlich. Ein Parkplatz bleibt an Ort und Stelle, er braucht nicht fahren, hat nichts zu tun und ist sogar für Geld begehrt. Die Strasse, die Hure aller Autos, wird befahren und benutzt, sogar bei Tageslicht. Je schöner, desto höher ist die Maut und kostenlos wird sie geduscht. Man gibt ihr Gummi das der Reifen pfeift und der Boden Wellen formt.

Das allerschlimmste was ihr widerfahren mag, sind Erdbeeren, Erdbeben oder Presslufthammer, ausgelöst von gefürchteten Architekten und Ingeneuren. Also, Baufahrzeuge, die gar nicht parken wollen, sondern rabiat werden und auf die Oberfläche einschlagen und anbohren. Auf unschuldige Strassen, Brücken und Stellplätze! Die ernste Begründung, sei der Lauf der Zeit. Schützt die alten Parkplätze vor den neuen Parkhäusern? Ein Weltkulturerbe für die alte Oberflächenversiegelungstechnik, kommt niemand in den Sinn. Das waren noch Zeiten, unter freiem Himmel zu parken, auf dem Parkplatz für Benziner. Die letzten ihrer Art, im open air Gelände der Steppenweite, romantisch, auswärts weilen müssen.

Vielleicht braucht das neue Auto, Knisterstrom, der uns wieder elektrisch zum Narren hält, wie damals schon mit dem Apparat für imaginäre Bilder? Vielleicht mit großen Sonnenwüsten an den Decken jedes Stockwerks aller prächtigen Ballungsgaragen, ausgelegt mit  Kunststoffböden aus dem schwarzen Gold gepresst. Oder, Parkplatzböden und Autobahnen aus purem Strom? Oder, Fußgängerzonen aus gereinigtem Strom, auf dem man kraftlos gehen kann?

Augsburg, Fr. 30.09.2011 (1. Fassung), Dutt. 21.10.2012 (2. Fassung)
Auszug a.d. Buch: G.Reil "Im Dasein der Sinne" (2012)

 

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